Landrat verlangt Stellungnahme von Brodel

Schneider prüft die schweren Anschuldigungen der Kämmerin gegen den Leiter der Verwaltung. Die Staatsanwaltschaft wird ebenfalls Stellung beziehen

Ich habe heute beim Landratsamt angefragt, wie es meine Pflicht als unabhängiger Journalist ist, wie die Kommunalaufsicht zu der offiziellen Beschwerde von Frau Schnelle an Landrat Karl Schneider (CDU) über die nach ihrer ausführlichen, mit Mails und Dokumenten belegten Schilderung unhaltbaren, gesundheits- und lebengsfährdenden Zustände in der Sunderner Verwaltung unter Bürgermeister Ralph Brodel (SPD) steht, die ich gestern auf Blickpunkt öffentlich gemacht habe. Antwort seines Pressesprechers Martin Reuther: Ihr Schreiben vom 20. April werde noch eingehend rechtlich geprüft. Man habe Herrn Brodel und die Stadt augefordert, dazu Stellung zu beziehen. Sobald diese Stellungnahme vorliege, werde die Kommunalaufsicht auch sie prüfen, ein abschließends Urteil fällen und je nach dem Konsequenzen ziehen.

Stumpfes Schwert

Aus dem Amt entfernen kann die Kommunalaufsicht einen Bürgermeister jedoch nicht, stellte Herr Reuther klar, selbst wenn sie zu der Überzeugung gelangt, dass die Anschuldigungen zutreffen. Das können nur der Rat als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger durch ein Amtsenthebungsverfahren mit Zweidrittelmehrheit, und die Bürger durch ein Amtsenthebungsbegehren. Oder indem sie ihn bei der Bürgermeisterwahl am 13. September abwählen.

Der Landrat kann Brodel laut Reuther allerdings auffordern, andere Entscheidungen zu treffen und die Dinge in der Verwaltung anders zu regeln. Möglich sind auch Dienstaufsichtsbeschwerde und ein Diziplinarverfahren, wie gegen jeden Beamten, auch Wahlbeamten. Sowohl gegen Anweisungen der Kommunalaufsicht als auch disziplinarische Maßnahmen könnte Brodel jedoch Einspruch erheben und jeweils vor dem Verwaltungsgericht klagen – das kann und würde sich endlos ziehen. Sind also ziemlich stumpfe Schwerter.

Wie wird die Staatsanwaltschaft reagieren?

Herr Reuther wies jedoch darauf hin, dass es daneben noch die Strafjustiz gibt. Bei der Staatsanwaltschaft Arnsberg und der Polizei des Hochsauerlandkreises in Meschede habe ich angefragt, ob sie gegen Brodel ermitteln aufgrund der Schreiben von Frau Schnelle auch an den Rat, auch zu den nach ihrer begründeten Darlegung unrechtmäßigen Eingruppierung und Vergütung von Mitarbeitern und leitenden Beamten der Verwaltung. Von beiden werde ich am morgigen Mittwoch Antworten erhalten, über die ich dann berichte.

Ebenfalls am Mittwoch werden die Fraktionen von CDU, Bürger für Sundern, WiSu, Linken-Vertreter Siegfried Huff und die beiden anderen fraktionslosen Ratsmitglieder über einen gemeinsamen Abwahlantrag beraten. Auch zusammen reicht es indes für die notwendige Zweidrittelmehrheit im Rat nicht, solange FDP und Grüne oder die SPD-Fraktion nicht ebenfalls für die Amtsenthebung stimmen. Die FDP hat bislang nur ausweichend reagiert. Von den Grünen und SPD-Fraktionschef Michael Stechele gibt es noch keine Stellungnahme. Herrn Stechele habe ich angefragt, ebenso Grünen-Fraktionschef Guido Simon, aber keine Antwort erhalten.

Abwahl oder Rücktritt?

Und natürlich gäbe es auch die Möglichkeit, dass Herr Brodel zurücktritt. Aufgefordert hat ihn dazu neben etlichen Bürgern und Bürgerinnen bislang nur Siegfried Huff. Falls sich jedoch abzeichnen sollte, dass bei der geheimen Abstimmung im Rat nicht nur einige SPD-Ratsmitglieder, sondern auch Stechele und andere Fraktionsangehörige gegen ihn stimmen werden, hat sich die Frage ohnehin erledigt.

Die Geschichte wiederholt sich

Finanziell macht es keinen Unterschied, ob Herr Brodel abgewählt wird vom Rat oder von den Bürgern oder ob er wegen der schwerwiegende Anschuldigungen und eines möglichen Strafverfahrens von sich aus vorzeitig abtritt: Er hat nach nur knapp fünfjähriger Amtszeit so oder so keine Pensionsansprüche. Um die ging es ihm jedoch im Wesentlichen, als er sich in Sundern und anderen Städten und Gemeinden um eine Beschäftigung als gut bezahlter Bürgermeister bewarb.

Sein Fall – im doppelten Sinne – unterscheidet sich insoweit von seinem Vorgänger Delef Lins (CDU), der unter dem Druck laufender Ermittlungen und von Durchsuchungen seiner Amts-und Privaträume durch die Staatsanwaltschaft von seiner Partei 2015 nicht wieder aufgestellt wurde. Erst dadurch gelangte Brodel überhaupt ins Amt. Geschichte wiederholt sich doch, schrieb Karl Marx. Als Farce.

Autor: lgreven

freier Journalist + Autor, Dozent für politischen und investigativen Journalismus

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