Serhat Sarikaya hat aufgegeben. Seine Partei hat sich aufgegeben. Die anderen Parteien stehen nicht viel besser da. Ich gebe daher auch auf
Parteien schalten manchmal auf Selbstzerstörungsmodus. Die Bundes-SPD hat das schon vor langer Zeit getan. CDU und FDP haben sich dem in und nach Thüringen angeschlossen. Die Sunderner Genossen haben ihre Zerstörungswerk nun vollendet.
In der Mitgliederversammlung am Samstag hat die Mehrheit der Anwesenden den jungen, unbedarften, unerfahrenen, bisher kaum in Erscheinung getretenen Kandidaten derjenigen gewählt, die über Jahre den bisherigen Stadtverbandsvorsitzenden Serhat Sarikaya verhetzt und gehetzt haben, bis der das Handtuch warf. Und die Übelsten von ihnen nebst einiger ihrer Gattinnen auch noch in den Vorstand gewählt, sodass sie dort nun endgültig wieder den Ton angeben. Angeführt von Michael Stechele, der dem Gremium als Fraktionschef im Rat offenkundig für alle Zeit angehört.
Die Neuerer haben krachend verloren
Wahlen sind demokratische Akte. Sollten es zumindest sein. Diejenigen, die 2015 ihre Partei und die Stadt zu neuen Ufern führen wollten, haben krachend verloren; diejenigen, die das bis heute um jeden Preis verhindern woll(t)en, haben gewonnen, könnte man sagen. Wenn das mit offenem Visier passiert und hinter der Operation ein Plan, eine Strategie erkennbar wäre, wäre das zwar dumm, aber in Ordnung. Ist es aber beides nicht.
Stattdessen verzwergt sich die Orts-SPD zielstrebig weiter. Die meisten junge Genossen, die im Herbst eingetreten sind, um die Abwahl von Serhat Sarikaya zu verhindern, sind am Samstag nicht erschienen, nachdem einige von ihnen ihre Kandidatur für den Vorstand zurückgezogen hatten. Eine Reihe ist schon wieder ausgetreten. Nun dominiert wieder die Fraktion Ü60, die über Jahrzehnte keinen Erfolg hatte, sondern es liebt, sich Intrigen und der Selbstbeschäftigung hinzugeben. Camoufliert von einem Juso an der Spitze, der es vor einem Jahr noch abgelehnt hat, den örtlichen Juso-Verband anzuführen, den die Altgenossen aber nun aufs Schild gehoben haben, wahrscheinlich um Serhat vollends zu demütigen. Und damit es nicht ganz so offenkundig ist, wer hinter ihm steckt.
In den anderen Parteien ist es nicht besser
Das Alles wäre nicht weiter schlimm, wenn diese Partei nicht – noch – den Bürgermeister stellte (auch wenn der, wie Vorstandsmitglied Friedrich Nagel offen und ehrlich verkündet, nur zufällig der SPD angehört), und wenn die übrigen Parteien und Fraktionen in Sundern in besserer Verfassung wären. Auch das ist jedoch leider nicht der Fall. Auch sie sind so gut wie alle zerstritten und haben keinen Plan für die Stadt und ihre Bürger.
In der CDU haben die Altbürgermeister Wolf und Lins und andere mit machtvollen Interessen, welche die Stadt und ihre Partei zugrunde gerichtet haben, bis sie 2015 abgewählt wurden, noch immer maßgeblichen Einfluss. Der Vorsitzende Stefan Lange, obwohl im Herbst beeindruckend wiedergewählt, und seine Leute trauen sich ganz offensichtlich nicht und/oder schaffen es nicht, sie an den Rand zu drängen.
Die Bürgerliste „Wir sind Sundern“ ist in zwei Fraktionen zerfallen. Die mitgliederschwachen Grünen sind gleichfalls gespalten. Die FDP spielt keine nennenswerte Rolle. Die Keine-AfD – bislang – zum Glück gar keine.
Ein einziger Scherbenhaufen
Wie soll aus all dem nach der Bürgermeister- und Ratswahl am 13. September etwas Besseres werden? Die CDU wird sich über die Selbstdemontage der SPD freuen. Für eine absolute Mehrheit wird es ihr dennoch absehbar nicht reichen. Der neue Bürgermeister, ob Klaus-Reiner Willeke von den Grünen oder Georg TePass von der CDU, wird sich nach den Wahlen daran machen müssen, ohne Mehrheit im Rat den Scherbenhaufen aufzukehren, den ihm der jetzige Verwaltungschef Ralph Brodel hinterlässt.
Die SPD wird, soviel steht jetzt schon fest, dabei keine Rolle spielen. Die alten Strippenzieher unter Führung von Stechele haben denjenigen zur Strecke gebracht, der 2015 den Überdruss der Bürger über den langjährigen CDU-Filz und -Schlamassel nutzte, um maßgeblich einen Wechsel im Rathaus herbeizuführen. Mit leider niederschmetternden Ergebnis, aber immerhin.
Und denjenigen erledigt, der in der SPD-Fraktion als einziger für neuen Ideen stand und noch steht: Bernd Schwens. Ihn hat Stechele genauso wie Sarikaya mit allen Mitteln bekämpft und in der Fraktion isoliert. Er hat nun als Reaktion aus dem Durchmarsch der innerparteilichen Gegner auf einen Posten im Vorstand des Stadtverbands verzichtet, nach einem schmählichen Wahlergebnis, und erwägt, den Vorsitz des größten SPD-Ortsvereins Röhrtal niederzulegen. Man kann es ihm nicht verdenken.
Keine Initiative, aus keiner Partei
Nun denn. Ab sofort tragen die neuen alten Herrn allein die Verantwortung für das, was auf sie zukommt. 22,95 Prozent hat die SPD 2014 bei der Ratswahl errungen. Am 13. September dürften es noch weniger werden.
Was wird durch den Führungswechsel in der SPD anders, gar besser werden? Nichts. Stechele wird weiter versuchen, Strippen zu ziehen und den neuen Vorsitzenden Lars Dünnebacke, anders als dessen Vorgänger Sarikaya, an der kurzen Leine zu führen. Aber wenn Brodel im Herbst das Rathaus verlassen muss, werden er und die Seinen keinen Einfluss mehr auf die Verwaltung und die Geschicke der Stadt haben.
Die CDU hat allerdings auch keine besseren Ideen, von den anderen Parteien und Fraktionen nicht zu reden. Ihr Bürgermeisterkandidat Georg TePass redete zwar von einem Kultur- und Musikzentrum am Tiggesplatz. Aber als es zum Schwur kam, stimmten die CDU-Ratsmitglieder im SUI-Auschuss den Vorschlag von Bernd Schwens für eine wirkliche Innenstadtentwicklung an diesem zentralen Platz nieder und für das stumpfe Tappe-Bauprojekt eines überdimensionierten Drogeriegeschäfts. Die Vertreter der anderen Fraktionen bis auf den Grünen-Einzelgänger Toni Becker genauso.
Das war’s
In Sundern wird sich auf diese Weise nichts zum Besseren wenden. Der im dritten Anlauf erfolgreiche Putsch in der SPD ist dafür symptomatisch: Die Alten, die schon früher nichts hinbekommen haben, übernehmen wieder das Ruder.
Ich bin viel gescholten und angegriffen worden, weil ich mich als außenstehender Journalist in die Geschehnisse in Sundern eingemischt und Missstände aufgedeckt habe. Einige haben es mir gedankt. Meine Absicht war nie, für eine bestimmte Partei oder Person Partei zu ergreifen, sondern beizutragen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger selbst dafür einsetzen, Dinge zu verändern. Wenn ich mir jedoch die Entwicklungen in der Stadt und in der SPD nüchtern anschaue, muss ich sagen: Auch ich bin gescheitert. Veränderungen zum Besseren sind offensichtlich nicht gewollt. Jedenfalls nicht von der Mehrheit in den Parteien.
Deshalb stelle ich ab sofort meine Recherchen in der Stadt und meine Arbeit für das Sundern-Blog ein, die mir außer einigen Freund- und guten Bekanntschaften nur Ärger, Stress und einen Prozess eingebracht haben, auch wenn es die Herren Stechele, Brodel, Nagel usw. freut. Es sei denn, Sunderanerinnen und Sunderaner überzeugen mich, dass es sich weiter lohnt.
Viel Glück, lieber Bürgerinnen und Bürger dieser netten Stadt. Ihr werdet es brauchen.