Die Allmacht eines Bürgermeisters

Wer entscheidet, ob etwas in der Sundener Lokalpolitk geheim bleibt oder öffentlich gemacht wird? Der Chef der Verwaltung. Das verlautbart aber nicht er selbst, sondern…

Gestern habe ich hier im Sundern-Blog ein Schreiben des WISU-Fraktionsvorsitzenden Hans Klein dokumentiert. Darin fordert er Bürgermeister Ralph Brodel auf, die umstrittene Bebauung des Tiggesplatzes nicht länger im „Hinterzimmer“, sondern öffentlich zu beraten. Weil die Entwicklung der Innenstadt alle Bürger angehe.

Interessant ist, wer darauf wie reagiert hat. Und wer nicht – nämlich Herr Brodel. Als erstes antwortet Sebastian Booke, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat:

„Ich kann keinen Beschluss finden, wonach diese Versammlung bisher nicht öffentlich/geheim war bzw. in Zukunft ist. Jeder kann ja daher über die Beratungen frei sprechen.“

Darauf Hans Klein:

In der letzen Interfraktionellen Sitzung ist am Ende festgelegt worden, dass die Ergebnisse iChat öffentlich sind. Presse und Bürger waren nicht eingeladen.

Sein Stellvertreter Dieter Latzer habe in der letzen Ratssitzung nach der Zusammenarbeit des Architekturbüros Zakowski mt dem Investor Tappe im öffentlichen Teil angefragt. Das sei ja Thema in der Tiggesplatzdiskussion gewesen. Darauf hin sei er von SPD-Fraktionschef Michael Stechele gerügt worden, dass er Inhalte aus der nichtöffentlichen interfraktionellen Tiggesplatz-Sitzung in einer öffentlichen Sitzung des Rates gestellt habe. Stechele habve noch einmal klar gestellt, dass in der Interfraktionellen Sitzung Verschwiegenheit vereinbart worden seil

Booke:

Dass die Presse nicht ausdrücklich eingeladen ist, heißt ja nicht, dass die Ergebnisse geheim sind. Es ist mir nicht bekannt, dass ein einzelnes Ratsmitglied über die Öffentlichkeit einer Sitzung entscheiden. Insofern werden sämtliche Ergebnisse der Sitzungen von uns als CDU auch offen kommuniziert.

Stechele erwidert:

Ich habe niemanden gerügt, steht mir auch nicht zu. Ich habe im nicht öffentlichen Teil der Ratssitzung fragend festgestellt, ob wir nicht vereinbart hatten, dass der interfraktionelle AK nicht öffentlich tagt. Unter der Annahme habe ich dann zum Ausdruck gebracht, dass es nicht gut ist, wenn im öffentlichen Teil der Ratssitzung eine Frage gestellt wird, die auf Vereinbarungen in einem nicht öffentlichen AK schließen lässt.

Booke:

Damit ist doch geklärt, dass keiner wirklich behauptet hat, dass ein Beschluss vorliegt, wonach der Arbeitskreis nicht öffentlich ist.

Hans Klein:

Öffentlich ist eine Sitzung nur, wenn die Presse und auch die interessierten Bürger eingeladen werden.Wer macht das?

Stechele:

„Ich denke die Gastgeberin.“

Gastgeberin des merkwürdigen Gremiums ist die Leiterin der Stabsstelle Wirtschaftsförderung beim Bürgermeister, also letztlich der selbst.

Wirtschaftsförderung statt Innenstadt-Entwicklung

Ich fasse zusammen: Herr Brodel hat den geplanten Bau eines Drogeriemarktes plus Altenwohnungen und Seniorenzentrum und den beabsichtigten Verkauf von städtischen Grundstücken am Tiggesplatz zunächst in den nicht-öffentlichen Teil des falschen Ausschusses, nämlich des Hauthalts- und Finanzausschusses eingebracht. Jetzt berät darüber statt des zuständigen Stadtentwicklungsausschusses ein offensichtlich von der Stadtverwaltung erfundener vertraulicher „Arbeitskreis“. Jedenfalls lädt die Wirtschaftsförderin dazu ein und schreibt die Protokolle. Und sie bzw. Herr Brodel entscheiden eigenmächtig, ob das geheim bleibt oder Presse und Öffentlichkeit davon erfahren dürfen.

Das wiederum verlautbart nicht er selbst. Vielmehr hüllt er sich in Schweigen. Sondern der Fraktionschef der SPD, der nicht zum ersten Mal als sein Sprachrohr auftritt.

Nebenbei erfahren wir – quasi amtlich und endgültig – worum es am Tiggesplatz geht. Aus Sicht von Herrn Brodel und der Verwaltung. Um Wirtschaftsförderung. Nicht um Entwicklung der Innenstadt. Schon gar nicht um die Interessen der Bürger. Sonst könnte man sie ja einbeziehen.

Autor: lgreven

freier Journalist + Autor, Dozent für politischen und investigativen Journalismus

2 Kommentare zu „Die Allmacht eines Bürgermeisters“

  1. Die Behauptung, „Allein der Bürgermeister bestimmt, was öffentlich oder nichtöffentlich im Rat oder Ausschuss behandelt wird“, ist falsch.
    Es gibt somit auch keine Allmacht des Bürgermeisters, nicht einmal in Sundern.
    Vorrang hat eindeutig das „Prinzip der Öffentlichkeit, so wie es in § 48, Abs. 2, S. 1, GO NRW, festgelegt ist.
    Auf Antrag des Bürgermeisters oder eines Ratsmitgliedes, kann per Beschluss, für bestimmte Angelegenheiten, die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden(§ 48,Abs.2, S.2, GO NRW.
    Der Bürgermeister ist an diese Vorgabe gebunden und kann nicht nach Gutdünken darüber befinden.

    Siegfried Huff
    Ratsmitglied

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    1. Nach der Ratssatzung ist der Bürgermeister natürlich nicht allmächtig. Aber faktisch nimmt er sich das Recht zu bestimmen, was öffentlich und was geheim verhandelt wird, da er die jew. Tagesordnung bestimmt. Und er den AK eingerichtet hat, statt die Debatte um die Bebauung des Tiggesplatzes oder den Ankauf des Ferienpark-Geländer in öffentlicher Sitzung zu behandeln.

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